„Alles Fake News“ – Zur kruden Kommunikation rund um Roses Wechsel
Borussia Mönchengladbach steht vor schweren Zeiten. Der vor eineinhalb Jahren initiierte Neuanfang ist mit dem verkündeten Abgang von Trainer Marco Rose nichtig und muss wieder vollzogen werden. Umso unverständlicher ist die derzeitige Kommunikationsstrategie.
„Plötzlich Probleme“ titelte der Kicker vor knapp zwei Wochen und meinte damit nicht etwa Schalke 04 oder Borussia Dortmund, sondern den eigentlich so unaufgeregten Klub vom Niederrhein. Dabei sind die Probleme gar nicht mal so plötzlich, denn das Erreichen des Achtelfinals in einer sehr anspruchsvollen Champions-League-Vorrundengruppe sowie die Heimsiege gegen FCB und BVB kaschierten, dass die Borussia alles andere als eine gute Saison spielt.
Bei nüchterner Betrachtung: Schwache Saison der Fohlenelf
Zu Beginn der Saison wurden rätselhafte Punktverluste und eklatante Defensivschwächen noch auf die „Dreifachbelastung“ (obwohl der DFB Pokal damals zu vernachlässigen war) zurückgeführt. In der jüngeren Vergangenheit gab es hingegen nicht wenige Experten, welche die monatelange Hängepartie bezüglich der Zukunft von Marco Rose als Unsicherheitsfaktor ausmachten. Ob das nun stimmt oder nicht – irgendwann konnte es niemand mehr hören und so gab man in der vergangenen Woche endlich bekannt, was ohnehin schon jeder wusste: Rose trainiert ab kommender Saison die zweite Borussia – jene aus Dortmund.
Nun könnte man sich viele Fragen stellen. Wie ist heute die Entscheidung Max Eberls zu bewerten, eine unproblematische Situation unter einem Trainer Hecking aufzulösen, um sich den neusten Hit in den Trainer-Charts zu sichern? Mit Rose, hieß es damals, wolle man in Mönchengladbach etwas aufbauen. Die Kollegen von seitenwahl.de stellen in diesem Zusammenhang zurecht die Frage, wie die Idee eines langfristigen Ausbaus mit der Ausstiegsklausel zusammenpasst, auf die Rose bestanden und die Eberl ihm zugestanden hat.
Sei es, wie es sei: Eineinhalb Jahre später muss in Mönchengladbach alles wieder neu aufgebaut werden. Rose nimmt seinen kompletten „Staff“ mit und welche Leistungsträger der Borussia erhalten bleiben, wird in den kommenden Wochen die spannende Frage sein. Doch Eberls wichtigstes Frage auf der einberufenen Pressekonferenz war weder die nach eigenen Fehlern (die er selbstverständlich Kraft seiner Unantastbarkeit einräumte) noch die nach der kommenden strategischen Planung. Stattdessen suchte er sich ein Buzzword raus, mit dem man derzeit immer noch jede Aufmerksamkeit bannen kann: Fake News!
Fakes-News-Diskussionen und Journalistenschelten sind deplatziert
„Dumm und dumpf“ seien in den letzten Tagen Lügen verbreitet worden über ein angebliches Zerwürfnis zwischen Trainer und Manager beziehungsweise zwischen Trainer und Mannschaft. Stattdessen habe man alles selbstredend offen und ehrlich kommuniziert und sich „mannhaft“ in die Augen geschaut. Kurze Zeit später veröffentlichte der Verein auf der eigenen Website ein Interview mit Lars Stindl, der als Kapitän und Fanliebling klarstellte, dass alle Beteiligten gut mit der Situation umgehen und natürlich „dem Erfolg alles unterordnen“. Jetzt haute Mittelfeldspieler Jonas Hofmann wiederum in die Eberl’sche Fake-News-Kerbe und beschwerte sich, „dass Lügen verbreitet werden, ohne dass davon ein Wort stimmt“ (was übrigens das Charakteristikum von Lügen ist).
Die fast schon soziologische Analyse des „Problems unserer Zeit“ sowie die zugehörige Journalistenschelte hätte sich Eberl lieber sparen sollen. Die Fake-News-Problematik hat weitaus schlimmere Auswirkungen, als dass irgendwelche persönlichen Befindlichkeiten von Fußballfunktionären falsch dargestellt werden. Die Kommunikationsstrategie wirkt wie ein plumper Ablenkungsversuch von den wahren Problemen von Mannschaft und Trainer. Diese sind drauf und dran, alles bisher Aufgebaute einzureißen und Borussia in eine unklare Zukunft zu entlassen.
In der Champions League rechnet jeder mit dem Ausscheiden gegen Manchester City. Im DFB Pokal heißt der nächste Gegner ausgerechnet Borussia Dortmund. In der Bundesliga verlor Gladbach zuletzt das Heimspiel gegen Mainz 05. Die nächsten Gegner heißen Leipzig und Leverkusen. Ein Abrutschen in das Niemandsland der Tabelle droht und damit eine Saison ohne internationalen Wettbewerb. Dies wäre weder für wechselwillige Leistungsträger noch für potentielle Neuzugänge ein gutes Argument.
(Foto: Borussia Mönchengladbach)