Zum Karriereende von Wayne Rooney: Danke für dein Spiel!
Wayne Rooney hat seine Karriere beendet. Der Ausnahmestürmer aus Liverpool war nicht nur eine der schillernden Figuren im Weltfußball in diesem Jahrtausend. Er verlieh der künstlich optimierten Retorten-Branche auch etwas erfrischend Normales.
Wir leben in einer Zeit, in der Fußballprofis nicht mal während des Lockdowns auf ihre Friseure verzichten können, in der Fitness-Studio-designte Hochglanz-Bodys die Optik bestimmen und in der Interviews oftmals derart auswendig gelernt klingen, als habe der jeweilige Spielerberater seinem Schützling kurz zuvor die passende Kassette in den Mund geschoben. In einer solchen Zeit sehnen sich die Traditionalisten unter den Fußballfans nach Typen wie Andreas Brehme, der mit seiner gänzlich uneitlen Vokuhila-Frisur undiplomatisch befand: „Haste Scheiße am Schuh, haste Scheiße am Schuh“. Oder ein Lothar Matthäus, der nach einem verlorenen Spiel im Field-Interview Gift und Galle spie über „Frechheiten“ und „Arbeit, wo man leistet“.
Der Autor dieser Zeilen zählt sich zu jenen nostalgischen Fußballfans und Wayne Rooney, der seine aktive Karriere vor einigen Wochen beendet hat, gab fast zwei Dekaden lang einiges dieser verloren gegangenen Fußballwelt zurück und sorgte deshalb mit seiner bloßen Existenz für ein wohliges Gefühl. Zwischen all den hochgejazzten Cristiano-Ronaldo-Verschnitten der weltweiten Fußball-Branche sprang einer herum, der rüberkam, wie der Typ, der bei jedem Besuch in deiner Stammkneipe den Platz am Tresen besetzt hat, der sich die eine oder andere Eskapade leistet und der so gar nicht nach eiserner Disziplin aussah. Und nicht nur das: Er war dabei überaus erfolgreich.
Ausgestattet mit der Optik eines englischen Mallorca-Touristen und stets leicht zum Übergewicht neigend, lief Rooney in guter Form allen Gegenspielern davon. Wie das geht, hatte sich Rooney als Zwölfjähriger bei seinem damaligen Vorbild Michael Owen abschauen können, als dieser bei der WM 1998 im Spiel gegen Argentinien jenes legendäre Solo-Tor erzielte. „Wir alle wollten damals Michael Owen sein“, erklärte Rooney später.
Rooney als Gesicht der englischen Nationalmannschaft
Sechs Jahre später, bei der EM 2004 in Portugal, lief Rooney dann seinem früheren Vorbild den Rang ab. Ganz Europa war beeindruckt von diesem 18-jährigen Kraftpaket, das da mit einem überbordenden Selbstbewusstsein durch die gegnerischen Reihen pflügte. Von nun an kannte Rooney jeder. Dass er nicht lange bei seinem Jugendverein, dem FC Everton bleiben würde, war klar. Er wechselte jedoch nicht zum Lokalrivalen FC Liverpool, sondern zu Manchester United, wo er eine Ära prägen sollte.
Bereits in seinem ersten Spiel, Champions League Gruppenphase gegen Fenerbahce Istanbul, überforderten sein Antritt und seine Abschlussstärke die gegnerische Defensive und Rooney erzielte drei Tore. Er bildete damals einen Traum-Sturm mit Ruud van Nistelrooy und sah in den folgenden 13 Jahren begnadete Einzelkönner wie Cristiano Ronaldo, Carlos Tevez oder Nani kommen und gehen.
Unvergessen seine Performance im Champions League Finale 2011. Als letzter verbliebener Weltklasse-Spieler stellte sich Rooney dem FC Barcelona um Lionel Messi entgegen, erzielte auch den zwischenzeitlichen Ausgleich, konnte jedoch der katalonischen Übermacht letztlich auch nichts entgegensetzen.
Rooney war zehn Jahre lang das Gesicht und der Hoffnungsträger der englischen Nationalmannschaft. Leider konnten weder er noch das Team bei den großen Turnieren nach 2004 ihre Top-Leistung abrufen. 2014 erzielte Rooney gegen Uruguay sein einziges Tor bei einer Weltmeisterschaft. Dennoch schied das Team als Gruppenletzter aus.
Wechsel in die USA: Mit einer Aktion zum Fanliebling
Nach einem Jahr bei seinem Heimatklub FC Everton unternahm Rooney im Herbst seiner Karriere nochmal ein Abenteuer und heuerte in den USA bei D.C. United an. Er gewann dort mit einer einzigen Aktion die Herzen der Fans. Im Spiel gegen Orlando stand es kurz vor Ende 2:2. D.C. hatte eine Ecke und fast die gesamte Mannschaft stand im Strafraum, um noch das Siegtor zu erzielen.
Der Ball wurde jedoch rausbugsiert und Orlando hatte eine aussichtsreiche Chance, nun selbst das Siegtor zu erzielen. Einzig Rooney hatte abgesichert. Er sprintete hinter Orlandos Stürmer her und gewann den Ball mit einer Weltklasse-Grätsche. Daraufhin trieb er das Spielgerät nach vorn und seine Flanke fand erfolgreich den Kopf eines Mitspielers.
Wenn er fit war, dann entwickelte Rooney eine Energie, die jeden Zuschauer elektrisierte. Eine Kraft, die nicht zu bändigen schien. Spieler wie er sind es, die das Spiel unberechenbar machen und deshalb Tausende in die Stadien locken. Vielen Dank, Wayne Rooney, für dein Spiel.
(Foto: AFP)