Vor 40 Jahren: Der Thriller von Sevilla
Bei der Weltmeisterschaft 1982 lieferten sich Deutschland und Frankreich im Halbfinale ein Duell für die Geschichtsbücher. Die beiden europäischen Rivalen spielten mit vollem Einsatz und schossen dabei auch mehrfach über das Ziel hinaus. Ansonsten hatte die Partie alles: eine Aufholjagd, ein Fallrückziehertor und das erste Elfmeterschießen der WM-Geschichte.
Sieben Jahre vor der Nacht in Sevilla waren die Boxlegenden Muhammad Ali und Joe Frazier beim „Thrilla in Manila” zum dritten und letzten Mal aufeinandergetroffen. Der Kampf gilt als einer der größten in der Geschichte des Sports. Dass Fußballdeutschland ein Länderspiel mit einem leicht verunglückten Reim in die Nähe dieses Ereignisses rückte, sagt viel über die herausragende Stellung und den Charakter jener Begegnung aus. Es war ein echter Schlagabtausch.
Schumacher streckt Battiston nieder
Am Abend des 8. Juli 1982 standen sich die beiden Nationalmannschaften Deutschlands und Frankreichs im Estadio Ramón Sánchez Pizjuán gegenüber. Es war ein schwülwarmer Abend in Südspanien – wenn auch wahrscheinlich nicht ganz so schlimm wie zuvor bei Ali und Frazier auf den Philippinen.
Pierre Littbarski brachte das DFB-Team zunächst in Führung (17.), nachdem er kurz zuvor noch die Latte getroffen hatte. Frankreichs Kapitän Michel Platini glich mit einem berechtigten Elfmeter aus (26.).
Die Partie wurde nun zunehmend hitziger geführt. Diese Entwicklung gipfelte in der brutalen Aktion von Toni Schumacher gegen Patrick Battiston (57.). Der deutsche Torhüter kam gegen den französischen Einwechselspieler deutlich zu spät und sprang ohne Rücksicht auf Verluste in ihn hinein. Das Resultat: Gehirnerschütterung, angebrochener Halswirbel und fehlende Schneidezähne – aber kein Foulpfiff.
Deutsches Comeback in der Verlängerung
Nach einem Lattentreffer in der Schlussphase von Frankreichs Außenverteidiger Manuel Amoros ging die Partie mit dem 1:1 in die Verlängerung. Hier legten Marius Trésor (92.) und Alain Giresse (98.) für die Équipe Tricolore mit zwei Treffern vor. Deutschland stand vor dem Aus.
Doch die Mannschaft zeigte Moral: Ein Kopfballtor von Klaus Fischer wurde noch wegen einer vermeintlichen Abseitsposition zurückgepfiffen. Der trotz Verletzung eingewechselte Karl-Heinz Rummenigge erzielte dann aber den Anschlusstreffer (102.).
Und die ereignisreiche Partie hielt tatsächlich auch noch das Tor des Jahres 1982 bereit: Fischer sorgte per Fallrückzieher für den 3:3-Ausgleich – diesmal zählte sein Treffer.
Erstmals in der WM-Geschichte musste deshalb das Elfmeterschießen für die Entscheidung sorgen. Schumacher parierte zwei französische Versuche und beförderte das DFB-Team damit ins Finale. Dort unterlag man zwar Italien mit 1:3, der Thriller von Sevilla hat seinen Platz in der deutschen Fußballgeschichte trotzdem sicher.
Foto: AFP