Aus der Manndeckung befreit – über Mario Götzes Wechsel nach Eindhoven
Für die einen wird Mario Götze immer der Finalheld von 2014 bleiben – für die anderen das große uneingelöste Versprechen des deutschen Fußballs vergangenen Dekade. Nun versucht er sein Glück beim PSV Eindhoven und wieder wird heftig über die Deutungshoheit gestritten. Ein Kommentar.
Wieso schauen immer noch Millionen Fernsehzuschauer regelmäßig Casting-Shows? Klar, da sind immer die lustigen Freaks in den ersten Sendungen, die sich zum Affen machen und dann mit flotten Sprüchen rausgeschmissen werden. Und ein paar von den Kandidaten können auch wirklich was. Doch ein erheblicher Faktor ist doch auch die Bedienung, eines voyeuristischen Grundverlangens, das in uns Menschen verankert scheint: Wir wollen den Helden abstürzen sehen. Vieles davon lässt sich auf Mario Götze übertragen.
Keine neue Heldengeschichte bei der Rückkehr nach Dortmund
Als der hochtalentierte Kicker 2013 von Dortmund zum FC Bayern wechselte, ausgerechnet in die Mannschaft des Messi-Förderers Pep Guardiola, schien einer glorreichen Zukunft nicht mehr viel im Wege zu stehen. Götze würde den internationalen Fußball in den kommenden Jahren prägen können. Trotz eines durchwachsenen ersten Jahres und einer Weltmeisterschaft, bei der Götze nicht Stammspieler war, kam dann auch noch das WM-Finale und der fatale, später öffentlich gemachte Spruch des Bundestrainers, der schon allzu oft rezitiert wurde.
Nun ja, in der Verlängerung des Finals war Götze tatsächlich besser als Lionel Messi, doch in den darauffolgenden Jahren konnte er sich bei den Bayern, wo traditionell starke Konkurrenz herrscht, nicht durchsetzen. Die Rückkehr nach Dortmund hätte noch einmal für eine neue Heldengeschichte getaugt: Die des verlorenen Sohns. Nach der langwierigen Stoffwechselerkrankung schien er unter Lucien Favre doch noch einmal Anschluss an die internationale Spitze zu finden, doch so richtig wollte es einfach nicht klappen.
Sonderbewachung der Frühschoppen-Experten
Schon in dem Moment, in dem Götze im Maracana den Siegtreffer gegen Argentinien erzielt hatte, war klar: Der Junge würde für den Rest seiner Karriere die Bürde der medialen Sonderbewachung mit sich herumtragen. Und so arbeiteten sich die Expertenrunden immer wieder an ihm ab: Dortmund hat gewonnen – Götze wieder nicht gespielt. Götze wurde eingewechselt – nicht überzeugt. Wehren müsse er sich und hart an sich arbeiten auch. Wohl dem, der solche Urteile beim sonntäglichen Frühschoppen fällen kann.
Nach seiner gescheiterten Rückkehr nach Dortmund war nun die Anspannung groß – was würde er als Nächstes versuchen? Oder sollte er die Flinte jetzt ins Korn schmeißen. Verhandlungen mit Hertha BSC Berlin wurden ihm immer wieder nachgesagt. Dass Götze sich nun für die niederländische Eredivisie und den Traditionsclub PSV Eindhoven entschieden hat, war vor diesem Hintergrund das Beste, was er tun konnte. Hier rückt er aus dem Schussfeld der deutschen Berichterstattung raus. Er kann wieder seinen Spaß am Fußball zurückgewinnen, einem ambitionierten Team weiterhelfen und sich – wenn auch lediglich in der Europa League – sogar international ausprobieren.
Mit Roger Schmidt wartet zudem ein Trainer auf ihn, der einerseits offensiv denkt, was Götze entgegenkommt. Andererseits können sich die beiden deutschen in ihrer Muttersprache unterhalten. Götze könnte so etwas wie Schmidts verlängerter Arm auf dem Feld werden. Kicker-freunde.de möchte sich gern das voyeuristische Grundbedürfnis überwinden und wünscht Mario Götze an dieser Stelle einfach alles Gute für seine Zeit beim PSV!
(Foto: PSV Eindhoven)