Der Besuch der alten Dame im Tabellenkeller
Nachdem Hertha BSC mit großen Ambitionen in die Saison gestartet war, ist von diesen mittlerweile nichts mehr übrig. Der kürzliche Absturz auf den Relegationsrang lässt in Berlin nun alle Alarmglocken schrillen. Es erscheint immer zweifelhafter, ob das Team der Hertha in seiner Zusammensetzung dem Abstiegskampf gewachsen ist. Besonders in den Duellen mit den direkten Konkurrenten muss die Mannschaft jetzt endlich die hohe Qualität, die ihr nachgesagt wird, unter Beweis stellen. Ansonsten droht der Super-GAU.
Es ist ironisch und bezeichnend für die Berliner Fehlentwicklung der letzten Jahre, dass ausgerechnet Pál Dárdai mit der Hertha den Klassenerhalt schaffen soll. Nach der Saison 2018/19 trennte sich der Verein von seinem damaligen Cheftrainer, weil ein Platz im Niemandsland der Tabelle den ambitionierten Verantwortlichen nicht genug war. Nun soll es Dárdai wieder richten und man würde einen Mittelfeldplatz in dieser Saison wohl sofort unterschreiben.
Doch der Trainerwechsel droht zu verpuffen. Nur vier Punkte aus sieben Spielen unter Dárdai sprechen eine deutliche Sprache. Insgesamt holte die Hertha aus den letzten elf Partien nur einen Sieg. Der Absturz auf den Relegationsrang ist die logische Konsequenz.
Führungslos in die Krise
Die Gründe dafür sind vielfältig. Vor allem aber macht sich die fehlende Hierarchie innerhalb der Mannschaft bemerkbar. Im Sommer gab die sportliche Leitung unter Ex-Manager Michael Preetz mit Vedad Ibišević, Salomon Kalou und Per Skjelbred nahezu sämtliche Führungsspieler ab. Bisher konnte weder eine der Neuverpflichtungen aus dem Sommer noch einer der Notfalltransfers aus dem Winter diese Rolle übernehmen.
Das hochveranlagte Team der Hertha scheint mit der ungewohnten Situation nicht zurechtzukommen. Im Gegensatz zu Teams wie Mainz, Bielefeld oder Köln, die vom ersten Spieltag an im Abstiegskampf stecken, hatte in Berlin niemand mit der derzeitigen Situation gerechnet und die Umstellung auf Überlebensmodus fällt der Mannschaft schwer.
Was theoretisch für Berlin spricht, ist das Restprogramm. Die schlechte Bilanz der Hertha rührt auch daher, dass man in der Rückrunde bereits gegen die Top-5 der Liga antreten musste und es in diesen Spielen nichts zu holen gab. Die Gegner werden im Saisonendspurt also definitiv leichter. Insbesondere in den vier Spielen gegen die direkten Nachbarn im Tabellenkeller ist man gefordert. Allerdings steigt in diesen Endspielen auch der Druck auf das junge Team und die Begegnungen werden trotz der vermeintlich höheren Qualität der Mannschaft sicherlich keine Selbstläufer. Nun ist der erfahrene Jugendtrainer Pál Dárdai mit seinen psychologischen Fähigkeiten gefragt.
(Foto: AFP)