Top 5: Champions-League-Tore in letzter Sekunde
Borussia Mönchengladbach hat im Gruppenspiel der Champions League gegen Real Madrid in der Nachspielzeit den Ausgleichstreffer zum 2:2 kassiert. Es war schon das zweite Mal binnen einer Woche. Wir nehmen das zum Anlass für unsere Top 5: Champions-League-Tore in letzter Sekunde.
Besonders bitter für die Gladbacher: Gegen die beiden Gruppenfavoriten Inter Mailand und Real Madrid war der Sieg zum Greifen nahe. Doch ein Spiel dauert manchmal auch länger als 90 Minuten. Die Fohlenelf kann sich damit trösten, dass sie noch vier Gruppenspiele vor sich haben, in denen sie die verlorenen Punkte zurückholen können. Für die Teams in unserem Ranking waren die späten Tore deutlich dramatischer.
5. FC Bayern – Borussia Dortmund 2013
Wir steigen ein mit dem deutsch-deutschen Finale von 2013. In den zwei Jahren zuvor drohte der BVB, den Bayern den Rang abzulaufen. Zwei Meisterschaften forderten den deutschen Branchenprimus heraus, trieben ihn zu Höchstleistungen auf allen Ebenen und gipfelten schließlich im Triple 2013. Höhepunkt sicherlich das Finale der Champions League, bei dem die beiden deutschen Teams ausgerechnet im Londoner Wembley Stadion eine faszinierende Partie auf den Rasen legten.
Die Führung der Bayern durch Mandzukic glich Gündogan für die Dortmunder nur wenig später per Elfmeter aus. Als sich alle schon auf eine Verlängerung einstellten, zeigten Bayerns zwei Ausnahme-Fußballer ihr ganzes Können: Robben sprintete mal wieder mit dem Ball am Fuß los und bediente Ribèry. Dieser behauptete das Spielgerät und legte mit dem Absatz zurück auf den durchstartenden Robben. Der Niederländer blieb cool, schob den Ball an Dortmunds Torwart Weidenfeller vorbei und entschied damit das Finale. Bei uns nur Platz 5, denn im Gegensatz zu den weiteren Platzierungen fiel dieses Tor in der 89. Minute und damit noch innerhalb der regulären Spielzeit.
4. FC Chelsea – FC Barcelona 2009
Jeder hat den wütenden Michael Ballack noch vor Augen, wie er sich vor dem norwegischen Schiedsrichter Tom Henning Øvrebø aufbaute und diesem Gift und Galle entgegenspuckte. Man kann Ballacks Ärger durchaus nachvollziehen, war das Halbfinale der Champions League 2009 doch seine letzte große Chance, einen großen internationalen Titel zu gewinnen. Auf der anderen Seite ist es nur ein Spiel, der Schiedsrichter ist nur ein Mensch und die Vorbildfunktion von Fußballern gerät manchmal in Vergessenheit. Øvrebø musste nach dem Abpfiff von den Sicherheitskräften aus dem Stadion begleitet werden und stand einige Tage unter Polizeischutz.
Der FC Chelsea und Barcelona gehörten zu dieser Zeit zu den besten Teams in Europa und hatten sich einen großartigen Schlagabtausch geliefert. Obwohl Michael Essien die Londoner mit einem unfassbaren Traumtor in Halbzeit 1 in Führung gebracht hatte, wuchs der Unmut, denn in der Tat traf der Schiedsrichter zahlreiche Entscheidungen zuungunsten der Blues. In der 93. Minute schlug die Stunde von Andres Iniesta. Aus dem Stand jagte das Mittelfeld-Genie den Ball per Dropkick in den Winkel – ein ähnlich unwahrscheinliches Tor, wie zuvor das von Essien. Das 1:1 reichte dem späteren Turniersieger Barca zum Weiterkommen.
3. Ajax Amsterdam – Tottenham Hotspur 2019
Ajax Amsterdam gewann in der Champions League Saison 2018/19 die Herzen vieler Fußballfans in ganz Europa. Mit einem offensiven Stil und großartigen Fußballern – die meisten von ihnen Eigengewächse – fühlten sich viele an die legendäre Ajax-Mannschaft von Mitte der 90er Jahre erinnert. Man war sich sicher, dass diese Mannschaft so nicht lange zusammenbleiben würde, da die Topklubs auf dem ganzen Kontinent bereits ihre Scheckbücher gezückt hatten. Möglicherweise also die letzte Chance, eine großartige Mannschaft zu krönen.
Nachdem Ajax bereits die Schwergewichte Real Madrid und Juventus Turin aus dem Turnier geworfen hatte, sah das Team auch im Halbfinale gegen Tottenham wie der sichere Sieger aus. Man hatte das Hinspiel in London mit 1:0 gewonnen und führte im Rückspiel vor eigener Kulisse nach der ersten Halbzeit mit 2:0. Tottenham würde also noch drei Tore brauchen. In einer spektakulären zweiten Halbzeit mauerte Ajax nicht, sondern warf alles nach vorne – der Gegner hatte ohnehin keine andere Wahl. Auf beiden Seiten entstanden Riesen-Chancen auf weitere Tore, doch Tottenhams bis dahin eher unbekannter Stürmer Lucas Moura hatte wohl das meiste Zielwasser getrunken. Er erzielte drei Tore für die Londoner. Das letzte davon fiel in der 96. Minute nach einem letzten, verzweifelten langen Ball.
2. FC Barcelona – Paris St. Germain 2017
Schon im Achtelfinale solch eine Dramatik! Mit 4:0 hatte das zusammengekaufte Starensemble den FC Barcelona im Hinspiel geschlagen. Wieder einmal verkündeten Experten das „Ende einer Ära“ für den großen FC Barcelona.
Doch die Spieler hatten etwas dagegen. Schon in der 3. Minute brachte Suarez die Katalanen in Führung. Als Lionel Messi in der 50. Minute per Elfmeter das 3:0 besorgte, war endgültig klar, dass hier doch noch das Weiterkommen möglich war. Eine kalte Dusche war dahingehend das 3:1 durch Edinson Cavani in der 62. Minute. Barcelona brauchte damit drei Tore zum Weiterkommen. Diese erzielte der Klub allesamt ab der 88. Minute. Zweimal traf Neymar und schließlich bugsierte Sergi Roberto den Ball in der 95. Minute zum 6:1 für Barca über die Linie. Es hatte sich mal wieder gezeigt: Im Camp Nou können besondere Dinge passieren.
1. FC Bayern – Manchester United 1999
Im gleichen Stadion fand nämlich auch das Finale der Champions League 1999 statt. Dieses Spiel ging als die „Mutter aller Niederlagen“ in die Geschichte ein. Über dieses Finale sind unzählige Geschichten erzählt worden. Eine davon ist die des damaligen UEFA-Präsidenten Lennart Johansson, der sich kurz vor Abpfiff von der Ehrentribüne auf den Weg nach unten machte, um den Bayern zum Sieg zu gratulieren. Mario Basler hatte den deutschen Meister früh mit einem Freistoß in die Torwartecke in Führung gebracht.
In den Aufzügen und Katakomben des Camp Nou bekam Johansson nicht mit, was in den letzten Sekunden des Spiels geschah. Es geschah Verrücktes. Binnen zwei Minuten trafen Manchesters zwei Einwechselspieler Teddy Sheringham und Ole Gunnar Solskjær jeweils nach Ecken von David Beckham ins bayerische Gehäuse. Stefan Effenberg und Oliver Kahn verstanden die Welt nicht mehr, Sammy Kuffour brach weinend zusammen. Auf der anderen Seite schlug Manchesters Keeper Peter Schmeichel einen Flick-Flack, während die Feldspieler an der Eckfahne eine Jubeltraube bildeten. Wo sonst sind Glück und Pech so nah beieinander?
(Fotos: AFP)