Adi Hütter wechselt von Frankfurt nach Gladbach – Ein Kommentar

Adi Hütter vor dem Frankfurter Stadion

Erfolgscoach Adi Hütter verlässt Eintracht Frankfurt und heuert in der kommenden Saison bei Borussia Mönchengladbach an. Damit wechselt der nächste Bundesliga-Trainer aus freien Stücken seinen Arbeitgeber und erregt die Emotionen der Fans. Doch Emotionen sind im Fußballgeschäft leider häufig fehl am Platz.

Groß schluckt klein. Mit dieser Weisheit und korrespondierenden Metaphern aus Wirtschaft und Tierreich bügeln die Pragmatiker ihre allzu romantisch veranlagten Gesprächspartner seit jeher ab, wenn bedeutende Fußballtransfers in Deutschlands Büros und Eckkneipen diskutiert werden. Klar, Spieler die zu gut für ihren Klub werden, wechseln von Freiburg nach Mönchengladbach, von Mönchengladbach nach Dortmund, von Dortmund zu den Bayern und wenn die auch nicht mehr ausreichen… dann bleiben noch die Weißen Haie aus Spanien oder England.

Etwas neuer ist jedoch das Phänomen, dass auch Trainer mit derselben nüchternen Sachlichkeit auf ihre Karriere blicken, bei Vertragsverhandlungen auf Ausstiegsklauseln bestehen und vermeintlich sichere Häfen verlassen. In den 90er und 00er Jahren klebten die Coaches deutlich stärker an ihren Jobs. Lief es schlecht, versuchten sie alles, um die Kündigung irgendwie hinauszuzögern. Lief es aber gut, hätten sie einen Teufel getan, ein Engagement bei einem Bundesligaklub leichtfertig gegen einen ungewissen Neuanfang einzutauschen. Als Otto Rehhagel 1995 nach 14 erfolgreichen Jahren von Werder Bremen gen München wechselte, war dies ein Dammbruch. Rehhagel dürfte seine Entscheidung nach einem halben Jahr bitterlich bereut haben.

Kulturwandel – Pep Guardiola brauchte „neue Projekte“

Wann genau sich die Kultur hier änderte, kann nicht datiert werden. Dieter Hecking wechselte 2006 und 2013 jeweils während der Saison zu einem anderen Verein, weil er zurecht glaubte, mit Hannover und Wolfsburg bessere sportliche Perspektiven zu haben als mit Aachen und Nürnberg. Paradigmatisch für das neue Selbstverständnis der Fußballlehrer kann vielleicht auch Pep Guardiola gesehen werden. Nachdem dieser sich mit dem FC Barcelona auseinander gelebt hatte und aus seinem Sabbatical kommend in München anheuerte, wurde immer wieder kolportiert, der Katalane sehe sich als eine Art Manager, der nach drei Jahren erfolgreicher Arbeit eben ein neues Projekt benötige.

Anfang 2021 war der Katzenjammer nun groß in Mönchengladbach. Die niederrheinische Gemütlichkeit, die große Tradition und das Attest, ein „lässiger Verein“ zu sein, reichten nicht aus, um Trainer Marco Rose zum Bleiben zu bewegen. Der Sachse fand das Angebot aus Dortmund besser und trotz der Ankündigung „gemeinsam etwas aufzubauen“ hatte er sich vor eineinhalb Jahren praktischerweise eine Ausstiegsklausel in den Vertrag schreiben lassen.

Was ist Hütters Motivation?

Nimm es und gib es weiter: Die Borussia bedient sich nun bei Eintracht Frankfurt. Die Hessen müssen nach Nico Kovac den zweiten Abgang eines erfolgreichen Trainers verkraften. Der Unterschied: Alle genannten Trainer veränderten sich tabellarisch nach oben. Im Falle Marco Rose gab es erste Stimmen, die bezweifelten, ob Dortmund im Vergleich zu Mönchengladbach wirklich der nächste Schritt ist. Bei Hütters Wechsel von Frankfurt nach Mönchengladbach ist aber eine klare Abwärtsbewegung zu erkennen.

Die Eintracht spielt eine bärenstarke Saison und ist in der kommenden Spielzeit wahrscheinlich in der Champions League dabei. Mönchengladbach wäre Stand jetzt nicht international vertreten. Die Motivation wird also höchstwahrscheinlich wirtschaftlicher oder personeller Natur sein. Die Eintracht ist finanziell nicht auf Rosen gebettet und mit Bobic und Hübner werden wahrscheinlich gleich zwei Entscheidungsträger den Verein verlassen. Möglicherweise weiß Hütter auch bereits um etwaige Wechselwünsche von Stars wie Silva, Jovic oder Kostic, ohne die es im kommenden Jahr schwierig würde, die Leistung zu bestätigen. Wie es eben so ist: Groß schluckt klein.

(Bild: Eintracht Frankfurt)

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